Wir können auch ungewöhnliche Wege gehen – Nikolaj Gavrilov im Gespräch mit Felicia von Borries

Dreißig Minuten holpriger Waldweg und vor mir liegt das Örtchen Dagersdorf, umgeben von idyllischer Ruhe. Hier wohnt Felicia von Borries, die 2011 ihren Abschluss am Li Po Chun UWC gemacht und soeben ihre Lehre zur Landwirtin abgeschlossen hat.

Kurz vor Weihnachten fahre ich mit dem Zug von Berlin in die Uckermark. Das Fahrrad habe ich auch dabei. In Templin ausgestiegen, radle ich den Rest des Weges. Je näher ich dem Ziel komme, desto mehr Bäume und umso weniger Menschen begegnen mir. Mein Ziel ist das Örtchen Dagersdorf, das Felicia von Borries ihr Zuhause nennt. Im Jahr 2011 hat sie ihren Abschluss am Li Po Chun UWC gemacht und inzwischen ihre Lehre zur Landwirtin abgeschlossen.

Die Gebäude in Dagersdorf sind klein und alt und es gibt maximal fünf Straßen. Felicia empfängt mich herzlich vor Ort und wir starten unser Gespräch mit einem Rundgang auf dem Bauernhof. Ich erfahre, dass die UWC-Gemeinschaft auch heute noch eine tragende Rolle in ihrem Leben spielt. „Ich denke noch an viele Leute, mehr als dass wir in direktem Kontakt sind“, erklärt Felicia. „Heute aber erfüllen mich die Menschen mit Inspiration und Begeisterung, die ihren Abschluss lange vor mir gemacht haben. Ehemalige, die ihren Weg gegangen sind, studiert oder anderweitig ihre Visionen verfolgt haben“. Auch Felicia hat ihre Lebensvorstellungen nach der Zeit am UWC verwirklichen können. Schon während ihres Collegeaufenthaltes interessierte sie sich für Ernährung und Landwirtschaft. Weil sie merkte, dass sie großen Spaß daran hatte, in der Erde zu wühlen, anzupflanzen, Sachen wachsen zu sehen, zu ernten, zu verwerten und sich stark zu Tieren hingezogen fühlte, kam ihr die Idee, dass Landwirtschaft etwas sehr Wichtiges sei. „Etwas, was jeder Menschen auf der Welt braucht“, beschreibt Felicia. Besonders spannend sei, dass sie sich nun mit Wirtschaft, sämtlichen Naturwissenschaften und dem Menschen an sich auseinandersetzen und zahlreiche Interessen in ihrem Beruf vereinen kann.

Trotzdem sei ihr der Schritt in die Landwirtschaft nach dem UWC zunächst noch schwer gefallen. „Werde ich jetzt Bäuerin? Was genau studiere ich? Und wo?“, waren nur einige der vielen Fragen, mit denen sich Felicia auseinandersetzen musste. Nach einer kurzen Zeit in den USA kehrte sie mit dem Entschluss zurück nach Deutschland, Agrarwissenschaften zu studieren. Ein dreimonatiges Praktikum im landwirtschaftlichen Bereich festigte ihren Entschluss und steigerte ihre Begeisterung, sodass sie zusätzlich zum Studium noch eine Lehre begann. „Für die Lehre ging ich auf einen Viehbetrieb in Brandenburg. Da bekam ich ein Gefühl für die Sorgen und Probleme eines Landwirtes“, berichtet Felicia.

Auf den ersten Blick scheint es so, als sei Felicia einen ungewöhnlichen Weg gegangen. Als ich sie darauf anspreche, erklärt sie, dass ihr das Ausbildungssystem in Deutschland sehr gefalle, egal für welchen Beruf. Ihrer Meinung nach sei es sehr wichtig, sich zu trauen und auch dafür bereit zu sein, ungewöhnliche Wege zu gehen, wenn wir merken, dass unsere Leidenschaft uns in diese Richtung drängt. „UWC ist ein kleiner Kosmos und eine Utopie. Was da möglich ist, ist auf großem Raum schwer umsetzbar. Dennoch habe ich dort das Gefühl bekommen, ich werde darin gestärkt, groß zu träumen. Einen ganz starken Idealismus zu entwickeln, aber auch einen gesunden. Das prägt mich bis heute“, erklärt Felicia.

Zum Abschluss interessiert mich, ob sie mir noch eine Botschaft für die Schülerschaft mit auf den Weg geben möchte. „Der Aspekt von Völkerverständigung wird ausgelebt“, berichtet Felicia, „alleine dadurch, wie die Schülerschaft sich zusammensetzt. Aber wo bleibt der Idealismus, wenn es um Nachhaltigkeit geht?“. Sie wünscht sich, dass der Umweltschutz noch weitere Beachtung findet und sich viele weitere, wie Felicia dazu entscheiden, durch eine nachhaltige Lebensplanung zum Schutz unserer Welt beizutragen.