Erfahrungsbericht: Lia über ihre Zeit am UWC Robert Bosch College

Lia war 2022-24 Stipendiatin am UWC Robert Bosch College. Hier reflektiert sie über ihre zwei Jahre bei UWC und illustriert ihre Erlebnisse mit eigenen Zeichnungen.

Vorfreude
Schon bei der Bewerbung konnte ich kaum darauf warten, mein Leben am UWC anzufangen. Dieser nervöse Zustand der Ekstase begleitete mich durch das Interview, das Vorbereitungswochenende, und anschließend: die Zugfahrt von Berlin nach Freiburg im August 2022.

Ich wollte einen Ort, an dem ich eine intellektuelle Herausforderung finde, etwas über die Welt lerne und andere treffe, denen die Welt am Herzen liegt, die jedoch zugleich in der Lage sind, einfach Spaß zu haben.

Ankunft: Erste Eindrücke
Mein erster Eindruck war eindeutig von der Ungläubigkeit geprägt, endlich angekommen zu sein. In den ersten Tagen wollten sich alle ihren Talenten beweisen. Bei der Ankunft ist es schwierig zu verstehen, dass man tatsächlich noch zwei Jahre an diesem Ort bleibt, und wie tiefgründig sich soziale Beziehungen währenddessen entwickeln werden. Wie alle anderen am Campus, die zum ersten Mal aus dem Haus ziehen, wollte ich alles langsam und ausführlich angehen. Wie macht man die Waschmaschine richtig an? Wie kann ich offene Kommunikation im Zimmer haben? Wie kann ich den Lehrer*innen meine Motivation
beweisen?

 

Eingewöhnungsphase
Es gibt viele Fragen, und es ist wichtig zu verstehen, dass sich alles in den ersten sechs Monaten ändern wird. Tiefgründige Freundschaften von den ersten drei Monaten lösen sich oft auf. Aber auch der Unterricht wird leichter, sobald man das Format versteht. Ich bin froh, dass ich mich in den ersten paar Monaten nicht zu schnell an bestimmte Leute oder Interessen festgebunden habe. In dieser Zeit sollte man alles mögliche ausprobieren!

Die High’s und Low’s
1. Balance finden
Ich fand vieles schwer: Hausaufgaben, Examen, mit Freundschaften mitzuhalten, regelmäßig Wäsche waschen. Der schwierigste Teil aber: man muss alles gleichzeitig machen! Mein Vorschlag: das Wichtigste ist, Ansprechpartner*innen zu haben. Investiere in Beziehungen mit Freund*innen aber auch unbedingt Staff-members, damit man ein Netzwerk von Leuten hat, die einem bei dieser Balance helfen.

2. Soziale Beziehungen
Die zweitgrößte Herausforderung bei UWC sind die sozialen Beziehungen. UWC ist nämlich ein Dorf, und keine Klassenfahrt. Es dauert ungefähr drei Monate bis man Freunde findet, aber das ist nur der Anfang! Wenn man in der UWC Bubble ist, ist es manchmal schwierig zu erkennen wie sehr Freundschaften aber auch zufällige Dynamiken den Alltag beeinflussen können – positiv, aber auch negativ. Ich habe auch daraus gelernt, dass es sehr wichtig ist, immer so freundlich und ehrlich wie möglich mit anderen umzugehen. Ich musste immer wieder meine eigenen Grenzen herausfinden. Lernen zu akzeptieren, dass jede Freundschaft eine andere Form annimmt, und immer ehrlich mit Freund*innen umzugehen, damit sich Streitereien nicht ausdehnen und einen von anderen Sachen ablenken. Ich habe jeden Tag neu gelernt, wie anders Menschen voneinander sind, und das Empathie bedeutet, geduldig (aber ehrlich) mit Macken umzugehen. Man muss immer versuchen zu erkennen: Wie beeinflusse ich was um mich herum passiert? Wie beeinflusse ich andere: positiv aber vielleicht auch negativ? Es passiert so viel am UWC-Campus, dass es sich nicht lohnt in schwierigen Dynamiken zu bleiben!

 

Abschied
Der Moment als die Second Years gingen war ein Moment der Realisation. Nämlich, dass diese großartige, überwältigende UWC Bubble nicht für immer ist! Es ist wie ein gigantischer Herzensbruch, sich von anderen zu verabschieden. Ihre Graduation zu erleben war wie ein kleiner Vorgeschmack auf diese melancholische Eigenschaft von UWC, und zwar: eines Tages wird diese Erfahrung vorbei sein, und wir werden alle nur nicht an einem Ort sein: gemeinsam.

Diese Zeichnung habe ich während der Graduationszeremonie gemacht. Während meiner UWC-Erfahrung habe ich gerne Momente gezeichnet, die wichtig waren. Es ist eine ungewöhnliche, effektive Weise sich an flüchtige Gefühle zu erinnern und Eindrücke festzuhalten.

In dieser Zeichnung erlaube ich mir nochmal kleine Details einzufangen, wie den Aufbau der Zeremonie und die Kleidung der Leute. Sie ermöglichte mir auch nochmal das Schulhaus und die Bäume zu sehen, die den Eingang unserer Schule bilden, in der so viele Menschen so vieles Bedeutsames erlebt haben.

In der UWC Bubble lernt und verlernt man so viel. Ich werde den Ratschlag meiner besten Freundin weitergeben, der sich am besten bewährt hat: Vergesse nie, was du schon geschafft hast und alles Schritt für Schritt angehen. In zwei Wörtern (in jeder Hinsicht gemeint): Bleib authentisch.