Erfahrungsbericht: Mare über ihre zwei Jahre am UWC Li Po Chun in Hongkong

Mare war von 2022-2024 Stipendiatin am UWC Li Po Chun in Hongkong.

Es ist schwer, ganze zwei Jahre an Erfahrungen zusammenzufassen, besonders, wenn diese so eine Vielfalt an schönen, herausfordernden oder auch traurigen Momenten umfassen.

Der Start war für mich besonders interessant, da ich unerwartet nachgerückt war. Und das in ein College, das am anderen Ende der Welt liegt, in einem Land, von dem ich nie gedacht hätte, dass ich dort einmal längere Zeit lebe: Hongkong. Aber ich war bereit, neue Freundschaften zu schließen und mich in ein Abenteuer aufzumachen.

Doch bereits am Anfang gab es Probleme mit Corona: Wir konnten nicht direkt ins College, sondern verbrachten zunächst mehrere Tage in einem Quarantäne-Hotel. Auch später in der Schule sind wir lange mit Masken in unseren Fluren unterwegs gewesen und mussten Covidtests am Morgen machen. Trotz all den Einschränkungen hatte ich immer das Gefühl, gut aufgehoben zu sein und war motiviert, mich nicht davon beeinflussen zu lassen.

Schon im November haben wir eine große kulturelle Show für die Region um Asia Pacific organisiert. Es war eines meiner Highlights, mit den anderen zu performen und insbesondere den Haka, einen traditionellen Tanz der Maori, zu lernen.

Es war wichtig, in dieser Phase aus sich hinauszugehen und sich für neue Erfahrungen zu öffnen.

Das erste Halbjahr habe ich genossen, obwohl ich ab und zu Komplikationen erlebt habe, wie den Wechsel von Chemie zu Theater, oder das erste Mal zu spüren, so lange von zu Hause entfernt zu sein. Trotzdem zähle ich diesen Zeitraum zu einer meinen besten Zeiten. In den Winterferien habe ich mich entschieden, auf dem College zu bleiben. Es war eine schöne Erfahrung, Hongkong im Winterwunder zu erleben und komplett in Weihnachtsstimmung zu sehen. Wir haben mit der Community von Winterferien-Schüler*innen zusammen ein Weihnachtsfest organisiert, um uns während der Festtage gegenseitig ein bisschen zu unterstützen.

Aber auch die erste Projektwoche, die Corona-bedingt nur in Hongkong stattfinden konnte, zählte zu meinen Highlights. Davor hatte ich mich oftmals im Stress verloren. Man wird täglich mit andere Schüler*innen, die Englisch als ihre Muttersprache haben oder schon IB-Erfahrungen mitbrachten, verglichen. Da tat die Auszeit in einem Nationalpark außerhalb des Colleges gut. Und man war in der Lage, nochmals mehr Menschen kennenzulernen. Zusammen kletterten wir auf Felswände und zelteten in der wunderschönen Wildnis von Hongkong.

Es war die letzte ruhige Zeit, die man mit seinem Second Years verbringen konnte, bevor diese und auch wir uns in die Bibliotheken verkrochen, um für Klausuren zu lernen. Im Vergleich zu meiner Schulzeit in Deutschland, waren die geforderten akademischen Leistungen am LPC sehr hoch. Ich war nicht immer zufrieden mit mir selbst und mit meinen Leistungen. Ich hatte Glück, so eine liebe Mitbewohnerin zu haben und mehrere tolle Second Years, die mich unterstützten.

Am Ende habe ich gemerkt, dass es in Ordnung ist, sich nicht immer gut zu fühlen und es einfach wichtig ist, sich anderen anzuvertrauen, denn so ziemlich alle auf dem College machen das gleiche durch. Ich habe meine Second Years zu Beginn des zweiten Jahres sehr vermisst. Und es hat sich komisch angefühlt, ohne sie auf dem leeren Campus zu stehen. Andererseits war ich aufgeregt, welche neuen First Years das Campusleben bereichern würden. Vor allem bin ich dabei dankbar was für eine tolle deutsche First Year ich bekommen habe. Sie brachte mir die Heimat ein bisschen näher, beim Backen von Brezeln bis zu einfach deutschen Konservationen zu haben.

Sie hat mir gezeigt meine Kultur auch als eine Form von Heimat zu sehen.

Durchaus hatte man sich als einer der Ältesten auf dem College selbstbewusster gefühlt und man ist mit seinen Verantwortungen weitergewachsen, wie Leitungspositionen von dem Female Empowerment Commitee oder auch als ausgebildete Peer Supporterin. Man sollte sich auf jeden Fall ausprobieren in den unterschiedlichen CAS Möglichkeiten oder wie sie bei uns heißen Quan Cai (QC). Zum Beispiel war ich überrascht wie sehr ich Lion Dance, eine Chinesische Tanz-Art, mochte.

Aber als Second-Year kam auch eine Menge neuer Stress, besonders durch die Mengen an IAs und das EE sowie die TOK Aufsätze. Ich habe den Fehler gemacht nicht bereits in den Sommerferien anzufangen, sondern erst später. Ich würde es in Zukunft jedem empfehlen seine Arbeiten so bald wie möglich zu beenden, damit man noch mehr Freizeit hat und sich nicht von dem Stress bedrücken lässt.

Eines meiner absoluten Highlights war jedoch die zweite Projektwoche, die seit 4 Jahren endlich mal wieder außerhalb Hong Kongs stattfinden konnte. Ich hatte das Glück ausgewählt zu werden den Berg Kinabalu in Malaysia zu besteigen. Es hatte mich Wochen an Vorbereitung gekostet, um mich physisch fit zu fühlen den 4095 Meter hohen Berg zu erklimmen. Oftmals hatte ich dabei auch Zweifel, die mich zurückgehalten haben, aber ich war sehr stolz endlich oben angekommen zu sein, um den Sonnenaufgang anzuschauen. Diese Herausforderung und Errungenschaft hätte ich ohne UWC nicht gehabt.

Insgesamt erkennt man das meine Erfahrungen in LPC ein auf und ab waren. Ich habe die tiefsten meiner Tiefpunkte und die höchsten meiner Höhen erlebt. Dabei haben mich unfassbar viele Menschen geprägt und beeindruckt. Meine Freunde sind nun überall auf der Welt verteilt und auch wenn es so schön klingt, tut es doch schon sehr weh zu wissen das man sich so bald nicht wieder sehen kann. Wie meine Freundin sagen würde “We‘ll soon be alone together”.

UWC bedeutet für mich eine zweite Heimat, voll Liebe, Lachen und Freundschaften, die ein Leben lang halten.