Erfahrungsbericht: Nico über seine Zeit am UWC East Africa in Tansania

Nico war von 2022-2024 Stipendiat am UWC East Africa in Tansania.

Es ist unglaublich, wie sehr ich mich an das einzigartige Zwitschern der Dreifarben-Glanzstare morgens am Campus gewöhnt habe. An den großen majestätischen Schatten des Mt. Meru, der über Arusha thront, an die warme Sonne, die beinahe täglich zuverlässig scheint und an das Hupen der Dala-Dalas auf den Straßen vor unserer kleinen Campus-Bubble.

Zwei Jahre, die meinen Alltag auf den Kopf gestellt haben und mein Verständnis von der Welt so fundamental verändert haben, dass ein Leben ohne UWC und all die Erfahrungen, Freundschaften und Eindrücke, kaum noch vorstellbar ist. Dabei waren es viele verschiedene Komponenten, die zu dieser einzigartigen Erinnerung und Erfahrung beitrugen.

Aufgrund meiner äußerst großen Neugier und meinen stundenlangen Recherchen, glaube ich, dass ich zu Beginn eine durchaus realistische Erwartung von meiner Erfahrung am Campus hatte.

Ein zentraler Teil dieser Erfahrung war damit natürlich auch das IB. Wo ich anfangs noch durchaus Probleme hatte hinsichtlich der sprachlichen Barrieren, der etwas anderen Struktur der Fächer und des Unterrichts selbst, habe ich mich noch während des ersten Semesters gut daran gewöhnen können. Da ich aufgrund der Abituranerkennung Biologie auf dem Higher Level (HL) nehmen musste, gleichermaßen aber nicht auf meine anderen Fächer im HL verzichten wollte, bestand mein IB aus vier Higher Level Kursen. Der damit einhergehende, erhöhte Arbeitsaufwand brachte mich an manchen Punkten meiner Schulzeit durchaus an meine Grenzen, war jedoch zu keinem Zeitpunkt zu überwältigend. IB zu meistern, bedeutet sein eigenes Zeitmanagement zu perfektionieren. Das habe ich während der Bewerbung bereits oft gehört und ich kann es voll und ganz unterstreichen.

Doch UWC war bei Weitem nicht nur IB. Das Leben in einem unserer drei Bomas, die ringförmigen Wohngebäude inspiriert durch traditionelle Massai-Architektur, hat meine Zeit maßgeblich geprägt. Die Möglichkeit, dank dieser Architektur auch nach Curfew noch im Freien zu sein, hat uns unzählige Nächte unter freiem Himmel zu Tee, Filmen oder einfach unendlich langen Konversationen ermöglicht. Generell lässt sich der Campus als kleine grüne Oase beschreiben, in welcher beinahe alles, von Unterricht und CAS bis hin zu allen Mahlzeiten und allerhand anderen Aktivitäten, wahlweise unter freiem Himmel geschieht. Dementsprechend war es nie schwer gelegentlich einen Rückzugsort zu finden, wenn es einmal zu viel wurde.

Die Weitläufigkeit und Schönheit der Umgebung ist definitiv eine meiner liebsten Erinnerungen.

Dabei ist es ebenfalls wahr, dass sich der Campus hin und wieder schon wie eine geschlossene Bubble anfühlte, welche man im normalen Schulalltag nur selten verließ. Die Nähe zur Stadt Arusha etwa 20 Minuten vom Campus, sowie die stetige Anwesenheit von tansanischem Personal und diversen Events oder auch der Möglichkeit, Swahili lernen zu können, erlaubten dennoch einen engen Kontakt zur tansanischen Kultur.

Einzigartig für unsere Schule war zudem das OP (outdoor pursuits) Programm, das in den Kategorien reefs, peaks und rides mehrmals im Monat mehrtägige Trips in verschiedenste Regionen des Landes ermöglichte. Da ich hauptsächlich das peaks programm (Bergsteigen) verfolgte, fand ich mich auf verschiedensten Gipfel ostafrikanischer Gebirge wieder und zum krönenden Abschluss sogar auf Mt. Kilimandscharo selbst. Das Outdoor Pursuits Programm war damit auch ein wichtiger Bestandteil meiner CAS Aktivitäten, die für mich darüber hinaus aus zwei großartigen Musicals, südamerikanischen Tänzen, „Model United Nations“-Konferenzen, dem Pflegen von verletzten Giraffen, Meditationssessions im Garten meines House Parents, Singen im Vocal Ensemble und dem Organisieren einer internationalen afrikanischen Zukunfts- und Nachhaltigkeitskonferenz bestand. Dabei waren es besonders all diese Erfahrungen, an denen ich persönlich wachsen und von welchen ich so unglaublich viel Neues lernen konnte. Zusätzlich gab es an den Wochenenden auch von Lehrer*innen organisierte Aktivitäten, an welchen man stets teilnehmen konnte.

Natürlich gab es auch Einiges, dass mich zunächst überraschte oder sich entgegen meiner Erwartungen herausstellte. Die beiden Campus Moshi und Arusha hatten beispielsweise viel weniger Interaktionen, als ich es zu Beginn erwartet hatte, und fühlten sich schon sehr wie zwei komplett verschiedene Schulen an. Auch zeigte sich hin und wieder schon, dass UWC East Africa ein junges UWC ist, dass durchaus noch mehr von der Mission und Kultur übernehmen könnte und sich stellenweise nicht ganz wie eines anfühlte. Das machte die Schule keinesfalls zu einem schlechteren Ort, doch braucht sie dennoch Zeit, um UWC noch mehr zu verkörpern und zu leben. Teil dieser Umstellung zu sein, ermutigte mich jedoch und zeigte, dass sich bereits in zwei Jahren vieles zum Positiven ändern kann.

Generell stellte sich das Erlebnis als weitestgehend anders als meine Erwartungen heraus. Und auch wenn ich das ziemlich eintönige und äußerst Reis-lastige Essen, die Überschwemmung an Moskitos während der Regenzeit und die regelmäßigen und teils sehr nervenden Stromausfälle keinesfalls vermisse, überwiegen die denkwürdigen Erlebnisse mit Freunden, wie wöchentliche Cultural und Trivia Nights, Golfspielen und Offroad-Rennen am Fuße des Kilimandscharo, Safaris in den nahegelegenen Nationalparks, Nachmittage an Wasserfällen, Seen und heißen Quellen und die Reisen in den Ferien an die wunderschöne Küste am indischen Ozean, auf die Insel Sansibar oder auch ins Nachbarland Kenia.

Über all dem stehen hierbei jedoch auch die vielen tiefen und einzigartigen Freundschaften, die über diese intensive Zeit hinweg entstanden sind und den Campus rund 6.000 Kilometer entfernt zu einem wunderschönen Zuhause machten.

Es fällt mir schwer in Worte zu fassen, was diese zwei Jahre für mich bedeuten und wie sehr sie mich wahrscheinlich nachhaltig beeinflusst haben. Würde ich genau jetzt zu meinem Vor-UWC-Ich sprechen können, würde ich ihm nur sagen: „Lass es einfach passieren. Sei offen für einfach alles und merke dir, dass am Campus immer jemand für dich da sein wird, denn genau das macht UWC so besonders. Ach, und sei nicht zu genervt über die vielen Stromausfälle, denn einige meiner besten Momente entstanden in den Minuten und manchmal Stunden, in denen wir gezwungen waren, unseren Laptop und unser Handy einfach mal beiseitezulegen“.