Nachdem das gemeinsame Weiterbildungsprogramm „Lehrer*innen für die Zukunft“ von UWC Deutschland und UWC Mostar, gefördert von der Schmitz Stiftung, im Schuljahr 2021/22 erfolgreich Lehrkräfte an 16 Schulen in Bosnien Herzegowina erreichte, ging das Projekt nun in die nächste Runde.
Das United World College Mostar
Das Schulungsprogramm wurde vom UWC Mostar entwickelt. Im Jahr 2006 wurde das College in Mostar in Bosnien Herzegowina gegründet. Entsprechend seines Standortes widmet sich das College konkret den Themen der Konfliktbewältigung und -vermeidung und dem (Wieder)-Aufbau einer multi-ethnischen Zivilgesellschaft in BiH. Mit seinem Sitz im wieder aufgebauten Gymnasium in Mostar liegt das UWC inmitten der geteilten Stadt. Die Mission des Colleges ist es, eine neue Generation junger Menschen in BiH mit dem Wissen, den Fähigkeiten, den Führungsqualitäten und den Werten auszustatten, die erforderlich sind, um die ethnischen Gräben zu überwinden und das Land in eine positive Zukunft zu führen.
In Bosnien und Herzegowina bietet das Projekt eine seltene Gelegenheit für Lehrer*innen der drei ethnischen Gruppen, zusammenzukommen und sich über ihr Berufsleben und Ideen zur Reform des Bildungssystems auszutauschen. Der Aufbau solcher Netzwerke schafft eine wichtige Grundlage für die Wahrung und Durchsetzung des gemeinsamen Interesses an einer nachhaltigen Bildungsreform.
Das Bildungssystem in Bosnien und Herzegowina ist eins der fragmentiertesten der Welt. Alle Verantwortung liegt bei den örtlichen Behörden und pädagogische Institute in jedem Bezirk in BiH sind verantwortlich für die Fortbildung der Lehrer*innen. Weil nur zwei der zehn Bezirke ethnisch gemischt sind, finden diese Fortbildungen getrennt statt. Die „Zersplitterung“ kommt auch von dem sogenannten “zwei Schulen unter einem Dach”-System, in dem Schüler*innen aus den drei verschiedenen ethnischen Gruppen auf Basis verschiedener nationaler Lehrpläne unterrichtet werden. Auch die Lehrer*innen selbst sind in diesem System ausgebildet worden. Daher gibt es keine standardisierten Bildungsmethoden oder professionellen Austausch – und gemeinsame Fortbildungsmöglichkeiten sind selten.
Diesen Problemen nahm sich das „Lehrer*innen für die Zukunft“-Projekt an und richtete sich dabei in erster Instanz an Lehrer*innen von weiterführenden Schulen im Sekundarbereich, insbesondere aus den Fächern Sprachen, Mathematik und Kunst.
Ein ausführlicher Artikel dazu kann hier gefunden werden.
Die 2.Runde: Ein Fokus auf eine wissensbasierte Wirtschaft
In einer zweiten Runde wurde der Fokus nun spezifisch auf Lehrkräfte in MINT-Fächern gelegt. Aktuelle Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt in BiH verdeutlichen eine Unvereinbarkeit des Schulsystems mit der Ausbildung und Förderung qualifizierter Arbeitskräfte. Dies macht sich besonders im IT-Sektor bemerkbar, der in BiH unter Arbeitskräftemangel leidet. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Anpassung des Bildungssystems, um Schüler*innen zum Erwerb von wesentlichen Schlüsselkompetenzen zu befähigen. Gut ausgebildete Fachkräfte sind die zukünftigen Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes. Auch seine wirtschaftliche Entwicklung könnte BiH durch Konzentration auf die MINT-bezogenen Branchen beschleunigen. Die Anpassung der Schulpraxis an den Arbeitsmarkt kann Chancen eröffnen, Armut mindern und die Wirtschaft des Landes nachhaltig ankurbeln. Ziel des Projekts “Lehrer*innen für die Zukunft 2“ war deshalb die Durchführung eines Programms zur beruflichen Weiterentwicklung von Lehrer*innen, die an weiterführenden Schulen in BiH naturwissenschaftliche Fächer unterrichten.
Weiterbildung, Austausch und Zusammenarbeit
75 Lehrkräfte wurden aus öffentlichen Schulen in allen Regionen und Provinzen von BiH ausgewählt, um an dem Weiterbildungsprogramm teilzunehmen. Gemeinsam erlernten sie neue pädagogische Ansätze und entwickelten pädagogische Materialien. Während des gesamten Schuljahres konnten sie neue Lehr- und Lernpraktiken testen und die Lernergebnisse ihrer Schüler*innen bewerten. Mit ihren Schulen wurden Kooperationsvereinbarungen unterzeichnet, um sicherzustellen, dass die ausgewählten Lehrer*innen ausreichend Ressourcen und Unterstützung haben, um die Lehr- und Lernpraktiken nun auch weiterzugeben.
Lamija Tanović, Physikerin und Mitbegründerin des UWC Mostar vermittelte zum Beispiel wertvolle Einblicke in das Bildungssystem in BiH und gab einen Workshop für Physiklehrkräfte. Miljan Rupar und Elmir Čatrnja, Lehrkräfte am UWC Mostar, leiteten interaktive Workshops zu den Themen Einführung und Methoden in IB Physics, Experimentelles Arbeiten in IB Physics und The Definiteness of Science.
Ebenso gab es viele Gelegenheiten für die Lehrkräfte sich über die Stärken und Herausforderungen ihrer lokalen Bildungssysteme auszutauschen und mögliches Zusammenarbeiten zu erkunden.
Unter der Leitung vom UWC Mostar – Center for Professional Development of Teachers wurde das Projekt mit einem Webinar und einem Evaluierungsworkshop abgeschlossen. Während des Webinars tauschten die Teilnehmenden ihre Erfahrungen bei der Umsetzung neuer Lehrmethoden aus, diskutierten über Herausforderungen in der täglichen Arbeit im Klassenzimmer und erkundeten nachhaltige Lösungen für eine hochwertige MINT-Bildung. Darauf folgte der Evaluierungsworkshop, in dem die Teilnehmenden das Programm reflektierten und Vorschläge für zukünftige Initiativen machten.
Ein wichtiger Höhepunkt des Projekts war auch die Ausstattung von 25 teilnehmenden Schulen mit Laborausrüstung für Biologie, Chemie und Physik, wodurch das praktische Lernen in den Klassenzimmern verbessert wurde. Als nächsten Schritt freuen wir uns, dass alle Projektmaterialien und -ressourcen, die während der Biologie-, Chemie- und Physikmodule entwickelt und ausgetauscht wurden, auf der UWC Mostar Website öffentlich zugänglich sein werden. Auch Aufzeichnungen der Online-Workshops werden für Lehrkräfte aus ganz BiH verfügbar sein.
Wir freuen uns, dass das Projekt dank der Förderung der Schmitz Stiftung in die zweite Runde gehen konnte und noch mehr Lehrkräfte in BiH erreichen konnte, die gemeinsam daran arbeiten, das Bildungssystem ihres Landes zu verbessern. Ein großes Dankeschön gilt auch allen Teilnehmenden und Dozierenden für ihr Engagement und ihre Beiträge. Wir hoffen, dass die Auswirkungen des Projekts auch weiterhin die berufliche Entwicklung von Lehrer*innen unterstützen und die Bildungsgemeinschaften in ganz Bosnien und Herzegowina stärken werden.
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