Behind the Scenes – Moritz Döbele erzählt vom Short Course

Ich vergleiche diesen Short Course gerne mit einer Pusteblume. Wir wurden gepflückt, waren 10 Tage zusammen und dann wurde gepustet. Wir sind überall verteilt auf der Welt. Wo die Samen liegen bleiben, wächst eine neue Pusteblume, da wir alle den UWC-Gedanken leben und verbreiten. Im Endeffekt sind wir alle eine Familie und diese wächst und wächst…

Mein UWC Short Course in Belgien liegt nun grob 3 Monate zurück. Es war bisher der größte, richtungsweisendste Einschnitt in mein Leben. Zugegebenermaßen war ich zunächst skeptisch, aber letztlich war es für mich persönlich eine lebensverändernde Erfahrung.

Nach einer langen Zugfahrt kam ich an einem kleinen, ländlichen Bahnhof an, von dem ich abgeholt werden sollte. Ich stieg aus dem Zug. Voll bepackt und K.o. Sofort kamen mir zwei Menschen mit strahlendem Lächeln und funkelnden Augen entgegen: der Abholservice der „facilitators“. Bereits auf der Autofahrt packte mich der UWC-Spirit und ich konnte nicht mehr aufhören zu lächeln. Irgendwie war ich happy. Die Müdigkeit war weg. Ich war hungrig, hungrig neue Leute kennenzulernen, hungrig mich selbst weiter zu entwickeln und hungrig auf ein Abenteuer.

Angekommen in unserem Camp „Le Cirac“ begannen wir mit einer Vorstellungsrunde und wir wurden „umbrella groups“ zugewiesen, denen man für den restlichen Short Course zugeteilt war. Zudem erfolgte die Zimmerverteilung. Obwohl bei UWC jeder offen aufeinander zugeht, war der Anfang doch etwas holprig. Gegen Abend war die Stimmung jedoch schon sehr entspannt und wir verbrachten alle zusammen Zeit im Aufenthaltsraum. Wie jede Nacht gingen wir recht spät ins Bett.

Ein typischer Tag sah wie folgt aus: meistens frühstückten wir alle morgens zusammen. Im Anschluss fanden Workshops statt (z.B. über Identity, Prejudice, Migration, Gender, etc.), die bis zum Mittagessen andauerten. Es folgten weitere Workshops und Carpe Diem (Freizeit bzw. sportliche / künstlerische Aktivitäten). Dann aßen wir zu Abend und hatten daraufhin manchmal „personal reflection time“ und / oder „umbrella Groups“. Natürlich variierte das Programm manchmal, aber dies war der offizielle Rahmen. Besondere Highlights waren eine große Wanderung, eine Exkursion in ein Flüchtlingsheim und die abendlichen Feiern, Movie-Nights und Talent Shows.

Beeindruckt hat mich vor allem ein Workshop namens „Labyrith“. Ausgestattet mit einem Stift und Blatt Papier mussten wir Fragen über uns schriftlich beantworten. Es bedeutete so viel für mich, da ich einfach einmal die Zeit hatte mein Leben bis jetzt zu reflektieren, meine Ziele zu setzen, meine Hoch- und Tiefpunkte Revue passieren zu lassen, mein Verhalten in Frage zu stellen und klar zu definieren wer meine Geliebten im Leben sind. Dieser Workshop hat mich extrem zum Nachdenken angeregt und uns alle dazu gebracht, uns selbstkritisch zu betrachten. Ich weiß jetzt wie wichtig es ist, sich selbst zu kennen, sich Ziele zu setzen, sein Leben so anzunehmen wie es ist, zu lieben und sich stark zu fühlen. Auf diese Weise konnten wir auch lernen, gelassen zu bleiben, andere zu verstehen und „Gegenwind“ zu ertragen.

Bewegend waren außerdem die vielen inspirierenden Gespräche, die wir während der Zeit im Camp „Le Cirac“ führten. Im Gedächtnis bleibt mir eine Unterhaltung mit einem Teilnehmer, der aus Pakistan flüchten musste und in seinem jungen Leben schon vieles erlebt hat. Wir saßen ganz alleine im Dunkeln auf einer Treppe während die Anderen feierten. Er erzählte mir seine Geschichte. Ein schlichtes, einfaches Gespräch mit einem Menschen kann einem eine total andere Sichtweise auf etwas geben. Man kann so viel lernen. Es war unglaublich.

UWC macht das wirklich professionell, denn die Überleitungen von den intensiven Workshops und Gesprächen auf die Gesellschaft sind ungeheuer wichtig. Nur so können wir weiter verändern und all unsere wertvollen Erfahrungen mitnehmen und umsetzen.

Besonders fehlen werden mir meine neu gewonnenen Freunde: Mustafa, Ahmed, Roupina, Ahmira, Oshin, Carl, Ahmida, Salima, Imen, Anna, Antonio, Bilal, Fahad, Mathilda, Goncalo. Namen und Gesichter aus aller Welt. Mir sind in dieser Zeit so viele Menschen ans Herz gewachsen. Ich fühle mich diesen Leuten so nah, viel näher als den meisten zuhause. „Du bist einer der tollsten Menschen die ich kenne, bleibe stark und bleibe so wie du bist“, sagte ich zum Abschluss zu einem meiner Freunde. Er erwiderte mir, dass es sehr schwierig sei stark zu sein. Doch es ist möglich. Denn bei dem UWC Short Course in Belgien haben wir eine neue Familie gefunden, bei der wir uns immer willkommen fühlen können.

Zusammengefasst möchte ich mich bei UWC bedanken, dass sie mir eine solche Erfahrung ermöglicht haben. Es hat meine Einstellung und Ansichten in vieler Hinsicht geprägt und mir geholfen mich selbst zu finden, andere zu verstehen, offen zu bleiben, wach zu sein für versteckte Vorurteile und besser zu diskutieren.