Daniel Kuhagen – Wales

„UWC bleibt bis heute die eindrucksvollste Zeit in meinem Leben; da gab es so viele tolle Momente.“

Daniel, deine UWC Zeit ist nun über 10 Jahre her. Gibt es dennoch Momente, die dir in Erinnerung geblieben sind?

UWC bleibt bis heute die eindrucksvollste Zeit in meinem Leben; da gab es so viele tolle Momente. Besonders gerne erinnere ich mich aber an die kleinen Dinge, die Anekdoten des Alltags. Wir waren vier Jungs auf unserem Zimmer und einer kam aus dem Iran, hat als Muslim also jeden Morgen vor Sonnenaufgang gebetet. Nun gab es am College sowieso nicht viel Zeit zum Schlafen, und mit 18 ist man nicht unbedingt Frühaufsteher. Erschwerend kam aber hinzu, dass Milad der einzige von uns vieren war, der partout nicht von seinem eigenen Wecker wach werden wollte. Wir haben dann einen Schichtplan aufgestellt, wer morgens dafür verantwortlich war, ihm die Decke wegzuziehen. In Wales ist es so kühl, dass er schnell von selbst aufgestanden ist…

 

Seid ihr denn danach noch Freunde gewesen?

Na klar! Er ist bis heute einer meiner engsten Freunde. Wir haben am College ständig Streiche gespielt. Am letzten Schultag haben mich meine Second Years, also die deutschen Stipendiaten im Jahr über mir, mit Mehl und Eiern geweckt. Als ich aus der Dusche zurückkam, hatten sie meinen Kleiderschrank leer geräumt; wir haben sehr viel gelacht – das schweißt einen noch auf Jahre zusammen!
Aber im Ernst: die Freundschaften und das enge Zusammenleben sind das, was die meisten am UWC so prägt. 2004 gab es während unserer Sommerferien im Iran ein starkes Erdbeben; das war das erste Mal für mich, dass ich zu einer derartigen Krise einen persönlichen Bezug hatte, Betroffene kannte und es nicht nur Bilder in den Nachrichten waren. Das hat mich damals sehr mitgenommen. Auch viele Jahre später verbindet man nationale und internationale Ereignisse mit den Menschen von damals. Das schafft eine unglaublich globale Nähe, fordert aber auch emotional und prägt das Verantwortungsbewusstsein.

 

UWC hat dich also nachhaltig geprägt?

Ja, das hat es. Wenn man so lange, so eng, mit so unterschiedlichen Personen zusammenwohnt, muss man sehr schnell lernen, Handlungen und Diskussionen in einen anderen Kontext zu stellen, persönliche Hintergründe in seine Erwägungen mit einfließen zu lassen. Das fordert viel Empathie und man lernt, das Positive und Gemeinsamkeiten an anderen Menschen wahrzunehmen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.
Wenn ich heute andere Alumni auf Hochzeiten oder Reisen wiedertreffe, ist es oft Thema, welches außerordentliche Privileg diese Art der Ausbildung für uns darstellt. Auch wenn die Lebenswege nicht unterschiedlicher sein könnten, sehen die meisten Alumni die College-Zeit als Fundament ihrer heutigen Tätigkeiten und Werte. Mit diesem Privileg einher geht aber auch das Pflichtbewusstsein, sich gesellschaftlich einzubringen, zurückzugeben, für Meinungen einzustehen und für Veränderungen zu kämpfen. Das verbindet die meisten Alumni über Generationen und Colleges hinweg.

 

Wie bist du UWC heute denn noch verbunden?

Ich arbeite beruflich viel mit Finanzen. Da war es naheliegend, das Wissen auch bei UWC einzubringen. Ich betreue daher im Vorstand der Deutsche Stiftung UWC das Finanzressort. Viel spannender aber ist es, dass wir Alumni jedes Jahr am Auswahl-Prozess der neuen Generationen mitwirken können. Das muss man sich mal vorstellen: über 100 Ehrenamtliche, die teils mehrere Wochenenden lang Bewerbungen sichten und Interviews führen! Das jedes Jahr wieder auf ein Neues zu organisieren, klappt aber auch nur, weil es für uns Auswähler so enorm motivierend ist, mit begeisterungsfähigen Bewerbern mit den verschiedensten Hintergründen zusammenzutreffen. Das sind wirklich tolle Begegnungen!

 

Hast du besondere Tipps für angehende Bewerber und Bewerberinnen?

Für Bewerber und Bewerberinnen gibt es meines Erachtens nur eine Regel: Versucht es einfach! Ihr könnt nichts verlieren und es kostet nichts! Klar ist es kompetitiv, aber man lernt allein schon im Rahmen des Auswahlverfahrens so viel über sich selbst und andere, dass man es auf jeden Fall versuchen sollte. Die Stiftung ist sehr darum bemüht, euch so zu helfen, dass ihr euer Bestes zeigen könnt. Nutzt also die vorhandenen Ressourcen! Es gibt im Internet viele Links, oder ihr könnt um Kontakt zu einem Alumni-Mentor bitten, der euch bei der Vorbereitung eurer Bewerbung zur Seite steht, damit alle die gleichen Chancen haben.