Sabine Röseler

„Ich freue mich, wenn ich an die bevorstehende Zeit denke. Auf in die Welt, neue Menschen, neue Ideen, neue Gewohnheiten, neue Aufgaben, neue Chancen. Und vor allem: Schule, die sich gut anfühlt.“

Die Fragen sind immer die gleichen. Am liebsten würde ich mir ein T-Shirt mit den passenden Antworten drucken lassen:

Ja. Mit 16.
Ja, Italien für zwei Jahre.
Doch, doch, wir finden das gut und unterstützen das.
Ja, er wollte das selbst seit er 12 ist, weil unser Freund auch an einem UWC war und uns allen davon erzählt hat.
Nein, wir hatten keinen Ärger mit ihm.

Das ist der Standarddialog seit Wochen, wenn ich in meinem Umfeld erzähle, dass unser Sohn bald seine Oberstufenzeit am UWC Adriatic verbringen wird. Freunde nehmen das mit großem Interesse zur Kenntnis, stellen Fragen zur Schule und zum Programm dort. Freundinnen sagen: „Und, wie geht es Dir damit“ und blicken mich mitleidig an, als hätte ich gesagt, dass ich mich einer schweren Operation unterziehen müsste. Dabei freue ich mich, wenn ich an die bevorstehende Zeit denke. Auf in die Welt, neue Menschen, neue Ideen, neue Gewohnheiten, neue Aufgaben, neue Chancen. Und vor allem: Schule, die sich gut anfühlt.
MitschülerInnen, die das Denken schätzen. Danach hat unser Sohn schon immer gesucht. Schulerlebnisse in Deutschland: Er war 10 und hatte vor sich eine Klassenarbeit, deren Berichtigung anstand, als seine damalige Klassenlehrerin drei Mitschüler mit dem vernichtenden Satz „Bin ich froh, wenn ihr nach diesen Ferien nicht mehr an unserer Schule seid!“ bedachte. Unser Sohn schrieb daraufhin unter seine Berichtigung „Es ist unerhört, so etwas zu jemandem zu sagen. Alle Kinder wollen gemocht werden, auch wenn sie schwierig sind.“ Die Lehrerin wies ihn vor der versammelten Klasse zurecht, weil er diesen Kommentar in ein offizielles Dokument geschrieben hatte. Ich freue mich, dass nun andere Haltungen seinen Alltag prägen werden. Und auch wenn ich unser Kind vermissen werde, mich frage, wie sehr dieser Aufenthalt unseren Alltag verändern wird, bin ich doch voller Hoffnung, dass was jetzt kommt genau das richtige ist. In zwei Wochen geht es los.

Nachtrag:
Ein Jahr später: Vor zwei Wochen ist unser Sohn wieder nach Duino zurückgekehrt, nun als Second Year und voller Ungeduld. Er hat die Ferien genossen, eine Freundin am anderen Ende des Erdballs besucht, gechillt und sich auf das zweite Jahr vorbereitet. Und bei aller Freude über das Daheimsein doch der Rückkehr entgegengefiebert.
Voller Vorfreude auf diese neue Welt, auf nochmal 90 neue Menschen, noch mehr neue Ideen, auf neue und inzwischen etablierte Gewohnheiten, neue Aufgaben, neue Chancen. Er hat gefunden, was er gesucht hat. Schule, die sich gut anfühlt. Mitschülerinnen und Mitschüler, die das Denken schätzen. Für uns eine große Beruhigung. Die Hoffnung hat sich bestätigt. Alles richtig gemacht!