Meine zwei Jahre am UWC waren mein bisheriger Hoehepunkt in meinen Leben und werden mich fuer ein Leben lang – so denke ich jedenfalls zur Zeit – im Positiven praegen. Es war meine erste tatsaechlich eigene Entscheidung, mich bei UWC zu bewerben, und ich bin unfassbar froh, diese Entscheidung getroffen zu haben.
- Soziale Rolle
Meine Anfangszeit am UWC war schwierig. Zu Hause hatte ich viel Zeit alleine oder mit meinen Eltern verbracht. Daher war ich es nicht gewohnt, so viel Zeit mit Gleichaltrigen zu verbringen und war schnell verunsichert, hab mich zurückgezogen und mich gefragt, warum alle anderen scheinbar so selbstsicher und sozial kompetent waren. Doch das Gute am Internat ist, dass man mehr oder weniger dazu gezwungen wird, sich anderen Leuten zu öffnen. Da ich mich nicht innerlich dagegen wehrte, fand ich aber schon früher als ich dachte Anschluss in einer kleinen Freundesgruppe. Nach dem ersten Term wurde die Zeit also immer besser, da ich mehr und engere Freunde kennenlernte. Diese soziale Bestätigung, die ich im Laufe des ersten Jahres fand, trug extrem stark zu meiner Zufriedenheit über meinem Platz in der Schule bei. Gleichzeitig bot die Schule – eine isolierte Blase weit weg von Familie und alten Freunden – einen fruchtbaren Boden, um die eigene Rollen im Sozialen zu Uberdenken. Meine Rolle innerhalb von jeglichen Gruppen hat sich über die zwei Jahre grundlegend verändert: gegenüber Freunden, Familie und Fremden.
2. Akademischer Verlauf
Die Schule, mit dem IB Abschluss hat mich teilweise akademisch herausgefordert und gefördert. Als ich mich am Anfang der zwei Jahre dafür entschied, den schwersten Mathematik-Kurs zu wählen, wurde mir anhand eines Plazierungstests davon abgeraten. Ich war nie besonders gut in Mathe, hatte aber irgendwie in dem Lockdown 2020 vor RBC ein Interresse für Informatik entwickelt und daher war Mathe auf einmal auch interressant für mich. Nach diesem schlechten Plazierungstest entschied ich mich trotzdem für den schweren Mathekurs. Dank eines genialen Lehrers und viel Arbeit, konnte ich mich schnell verbessern. Nach dem ersten Term wurde mir eine 7 – die Bestnote – von meinem Lehrer vorrausgesagt. Das war das wahrscheinlich größte akademische Erfolgerlebnis in meiner 12-jährigen Schulkarriere. Auch mein Geschichtslehrer hat mich in seinem Unterricht extrem gefordert, wenn auch nicht so motiviert wie der Mathelehrer. Ich bin unendlich dankbar, was ich akademisch in diesen Fächern gelernt habe, auch wenn die Noten dieses lernen nur teilweise widerspiegeln. Aber auch weniger mitreißende Erfahrungen habe ich gemacht. Insgesamt sind die Lehrer:innen auf dem RBC besser als auf meiner alten Schule – doch es gibt Ausnahmen, wie überall. Das IB hat mir enorm viel beigebracht. Essays mit nur wenig Unterstützung von Lehrer:innen zu schreiben, wird in dieser Form im Abi nicht gelehrt und ist eine unheimlich wichtige Fähigkeit. Außerdem wird kritisches Denken, insofern dies gelehrt werden kann, von Prüfern belohnt, was mich auch weitergebracht hat.
3. Covid
Da meine Zeit am RBC vollständing in der ”Coronazeit” lag, spielte diese eine relevante Rolle. Besonders im zweiten Jahr (2021-22), als Covid in der deutschen Gesellschaft immer unwichtiger wurde und Regeln weitflächig gelockert wurden, führte RBC’s ”Zero Covid Policy” zu Unverständnis und Frustration unter den Schüler:innen. Diese Frustration führte zu Spannungen zwischen Lehrer:innen und Schüler:innen, welche sich durch das Brechen von Regeln äußerte. Für Jugendliche außerhalb von RBC ist es normal zu Partys zu gehen, die mit Alkohol und Rauchen verbunden sind. Das ist stark im Gegensatz zu RBC, welches durch ihre diversen kulturellen Herkünfte eine empfindliche Community ist, da sie die Aufgabe hat mit Traumata und unterschiedlichen kulturellen Werten von einzelnen umzugehen. Daher war jegliches Brechen von Regeln mit besonderer Vorsicht gepaart: einerseits will man niemanden durch sein Verhalten stören, andererseits sind die Konsequenzen von Regelbrüchen vor diesem Hintergrund extrem hart. Die Vorsicht bei Regelbrüchen in unserer Generation ließ wegen der steigenden Frustration nach, und mehr Schüler:innen wurden beim Brechen von Regeln erwischt. Ich glaube, dass Covid ein Makel der Schule offenbarte: Der Zusammenhalt von Lehrer:inen und Schüler:innen in der Schule, beruht stark darauf, dass sowohl Lehrer:innen, als auch Schüler:innen, RBC nicht als Schule, sondern als gemeinsames Projekt sehen. Die Covid-Policy der Schule, die keine demokratische, sondern Laurence’s eigene Entscheidung war, ließ RBC weniger als Projekt und mehr als Schule wirken. Und daher verhielten sich vor allem die Schüler:innen in diesem Jahr, was Regeln betraf, mehr wie auf einer öffentlichen Schule.
4. Außerschulisches Lernen
Was UWC ausmacht, ist die Freude an interkulturellen Austausch, politischen Diskussionen und sozialem Engagement. Am RBC hat alles davon stattgefunden, mit unterschiedlichem Erfolg in meiner Wahrnehmung. Es gab sowohl offizielle als auch inoffizielle Situationen, wo dieses Lernen geschah. ”Student Testimonials” waren (häufig sehr persönliche) Vorträge von Schüler:innen über verschiedenste Themen. Diese gab es in der wöchentlichen Assembly, in dem monatigen Global Affairs, und auf Special Focus Days. Diese Vorträge waren in meiner Meinung die gelungenste offizielle Veranstaltung, wo dieses interkulturelle Lernen geschah. Externe Vorträge an Special Focus Days und Global Affairs waren selten bewegend und hinterließen meistens keinen Eindruck. Daher trugen diese wenig zu einem außerschulischen Lernen bei. Inoffizielle politische Debatten unter Freunden waren in meiner Erfahrung extrem wertvoll für die Weiterentwicklung meiner Positionen und Haltungen. Offiziellere Debatten dagegen – v.a. in größeren Runden – wurden teilweise zu emotional aufgeladen und waren daher nicht immer konstruktiv. Bei Themen wie ”Political Correctness” oder Homophobie waren die Haltungen der Beteiligten so gefestigt, dass die Diskussionen zu diesen Themen, die ich mitbekommen habe niemanden geholfen haben. Was diese offiziellen Debatten außerdem schwierig machte war, dass es etwas wie eine ”Mainstream RBC Meinung” zu fast allen Themen gibt. Kapitalismus ist schlecht, Political Correctness ist gut, Homophobie ist inakzeptabel. Zu diesen Aussagen dürften wahrscheinlich weit mehr als 90% aller Schüler:innen unserer Schule zustimmen. Durch diese extremen Mehrheitsmeinungen taten sich Schüler:innen mit anderen Meinungen teilweise schwierig, nicht ”gecancelled” zu werden. RBC ist ein kulturell diverser Platz, aber für politische Diversität wird weniger Platz geschaffen. Soziales Engagement hat im CAS-Programm guten Platz gefunden. Die Service Programme, die am RBC angeboten wurden, haben mir einen Überblick gegeben was für Initiativen es gibt, und gab uns Schülern einen Eindruck vom freiwilligen Arbeiten.
5. Zusammenfassung
Meine Zeit am RBC war eine extrem bereichernde Erfahrung für mich. Es war eine intensive und zeitweise anstrengende Zeit, die mich und meine Freunde extrem weiter gebracht haben. In Selbstreflexion und persönlicher Entwicklung hat dieser Platz uns unfassbar weit gebracht. Ich hatte eine großartige Zeit.