Meine Zeit nach UWC

Vor fast zwei Jahren habe ich nun meine UWC-Reise beendet.
Noch immer ist die “UWC-Identität” ein großer Teil von mir.

Lange bevor ich zum ersten Mal in den Flieger nach Singapur gestiegen bin, fand ich mich bereits auf verschiedenen Online-Foren wieder, in denen UWCler über ihre Erfahrungen schreiben (ich werde sie hier nicht nennen, aber sie sind nicht schwer zu finden).

Mir ist wichtig zu sagen, dass nicht jede UWC-Erfahrung ein „spiritueller und intellektueller Sonnenaufgang“ ist, so wie leicht aus einigen der Fotos auf Facebook und Instagram  geschlossen werden kann. Denn es gibt auch schwierige Wochen. Mit großen Herausforderungen. Es gibt Tage, an denen einem alles über den Kopf hinauszuwachsen scheint.

Obwohl mir heute die positiven Erinnerungen geblieben sind,  ist es mir wichtig zu erklären, dass die Herausforderungen ebenso dazu gehören und wichtig sind – wenn sie nicht sogar am Schluss die lehrreicheren Erfahrungen mit sich gebracht haben. Eine der größten Herausforderungen war für mich das berüchtigte Tief danach. Ich hatte zuvor schon auf einigen Foren davon gelesen: “UWC blues” wurde es genannt und meinte die Melancholie und das Heimweh nach Freunden, Lehrern und Orten.

Wie die meisten UWCler in meinem Jahrgang, hatte ich einen schwierigen Übergang zum College. Der Kulturschock, welchen ich selbst am UWC weniger stark wahrgenommen hatte, traf mich in den USA (Indiana) umso heftiger. Ich musste schnell lernen, dass es hier ganz anders ist, als am UWC. Ich empfand es so, als ob über einige Themen kulturell nicht gerne gesprochen wird und Meinungen nicht immer offen vertreten werden. Nach wenigen Wochen frustrierte mich jedes gut gemeinte “How are you?”.

Aber Sinn dieser Reflektion soll nicht sein eine Übersicht der Dinge zu geben, die mir in den USA so fremd erschienen. Viele meiner Co-Years (inklusive mir) finden Rückhalt in der UWC-Community, wenn sie sich im Ausland „ein wenig fremd fühlen“.

Aber sich über eine andere Kultur zu ärgern… Geht das nicht gegen alles was wir am UWC gelernt haben?

Ich habe mich damals bei UWC beworben um neue Kulturen kennen zu lernen und es jede Minute genossen. Hier in Indiana bin ich erstmals einer Kultur begegnet, in die ich mich nur schwer einfinden konnte. Des Öfteren musste ich mir bewusst machen, was ich am UWC gelernt hatte. Nämlich dass es leicht fällt sich einer Kultur gegenüber offen zu zeigen, wenn diese mit der eigenen übereinstimmt. Weniger leicht fällt es, wenn augenscheinlich keine Gemeinsamkeiten zu finden sind. Dann ist es etwas anderes.

Ich habe über die letzten 15 Monate gelernt, dass die schweren kulturellen Erfahrungen – solche die uns an den Rand unserer Komfortzone bringen oder sogar darüber hinaus – diejenigen sind, von denen wir am meisten lernen. In dem Moment, in welchem ich mein soziales Umfeld akzeptierte, fiel die Last von mir „hineinpassen zu müssen“. Ganz im Gegenteil öffneten sich Türen für mehr Konversationen, Neugierde und Ruhe. All das, was ich am UWC vermisste, durfte ich versuchen hier in Indiana zu finden.

Habe ich das geschafft?

Ich bin dabei. Mein drittes Semester ist bis jetzt deutlich besser verlaufen als mein erstes Jahr. Ich bin ein Peer Mentor, eine Ansprechperson für Freshmen, die auch mit Anpassung an das College zu kämpfen haben. Ich bin ein Teaching Assistant für Research Methods und Stats (thank you IB maths) und eine Research Assistant für Sozialpsychologie. Ich habe das Gefühl zur Community beizutragen – und nicht nur in ihr zu existieren.

Vermisst habe ich allerdings das soziale Engagement, welches so großer Bestandteil der UWC-Bewegung ist. Wir leben aber – wie ich zu meiner Freude festgestellt habe – im 21ten Jahrhundert und das Internet bietet endlose Möglichkeiten, von überall auf der Welt etwas Gutes zu tun. Ich musste somit nicht am UWC sein, um aktiv zu werden. So kam mir die Idee einer Website, die auf Möglichkeiten hinweist, wie junge Leute die Welt verbessern können (mehr Info auf Generation Impact: www.generimpact.com ).

Hierbei ging es nicht darum mein Leben am UWC zu reinkarnieren. Ich habe mich gefragt, was mich am UWC glücklich gemacht hat und dann versucht hier ein Pendant zu finden – und vielleicht sogar Zeit für das, was am UWC zu kurz gekommen ist. In diesem Sinne glaube ich nicht, dass wir UWC je verlassen. Ich glaube, dass wir graduieren, um UWC im Rest der “realen” Welt zu finden – und noch mehr.