Wie hast du von UWC erfahren und warum hast du dich beworben?
Ilka: Ich hatte damals Riesenglück: Ich war in der 11. Klasse und mein Gymnasium wurde angeschrieben. Als die Ausschreibung kam, hat mich mein Oberstufenkoordinator einfach in der Pausenhalle gestoppt und gefragt, ob es was für mich wäre. Und es war was für mich, aus einem einfachen Grund: Die Welt erschien mir damals sehr klein. Ich habe auf einem Dorf gewohnt, war Fahrschülerin, bin in einer Kleinstadt zum Gymnasium gegangen. Das war alles eingefahren und überschaubar, und würde sich die nächsten zwei Jahre bis zum Abitur nicht ändern. UWC war meine Möglichkeit, die große weite Welt zu sehen.
Lilli: Ich bin mit UWC groß geworden. Auf unseren Reisen haben wir immer Freunde oder Mitschüler von meiner Mutter besucht und ich kannte somit auch die Langfristigkeit dieser Beziehungen: Auch nach den zwei Schuljahren bleiben die Kontakte und Freundschaften erhalten. Dennoch war ich mir relativ lange unsicher, ob ich mich bewerben soll, da ich meine Freunde und gewohntes Umfeld nicht unbedingt verlassen wollte. Überzeugt hat mich der Open Day am UWC Robert Bosch College, den ich vor zwei Jahren besucht habe. Der Spirit war so mitreißend, ich habe mich hier sehr wohl gefühlt und habe daher die Entscheidung getroffen, mich zu bewerben.
Wie hat die UWC-Erfahrung euer Leben und eure Beziehungen zueinander beeinflusst?
Lilli: Die Kommunikation mit meiner Mutter ist viel einfacher. geworden Sie versteht, wie es ist, in einem Internat zu leben und beispielsweise keine Zeit zu haben, ihr eine Nachricht zu schreiben. Sie weiß auch, mit welchen Problemen oder Konflikten ich zu tun habe. Außerdem kann ich immer meine Freunde zu uns nach Hause einladen, z.B. über Sommerferien oder zum Weihnachten.
Ilka: Ich werde jetzt öfter zu den Hochzeiten eingeladen, so sehen sich alle Ehemalige immer wieder. Ich fahre auch regelmäßig nach Duino zum Jahrestreffen. In 2018 hatten wir dreißigjähriges Treffen und es waren 22 Schüler (von 100) da, einige mit Familien und Kindern. Lilli kennt zum Teil die Kinder von meinen Mitschülern.
UWC ist wie „Sesam, öffne dich!“, weil man immer wieder neue Menschen kennenlernt und dadurch öffnen sich viele Türen. Ich wurde diesen Sommer von einer UWClerin aus England angeschrieben, weil sie gerade in Wiesbaden war, wir kannten uns früher nicht. Meine Mitschülerin hat Lilli in Triest aufgenommen… Es gibt immer einen Anknüpfungspunkt.
Was hat sich in den letzten 30 Jahren verändert?
Lilli: Es hat sich schon vieles geändert. Es gibt Situationen, wo ich zu meiner Mutter sage „Nein, das ist nicht mehr so. Das ist nicht mehr das gleiche Erlebnis“, vor allem was die akademische Seite betrifft.
Ilka: Ich habe den Eindruck, dass die Schüler mehr tun müssen für die Schule. Bei uns konnte man das erste Jahr sehr ruhig angehen lassen. Lilli hat mehr Druck. Die Schüler von heute müssen sehr früh überlegen, was nach diesen zwei Jahren passieren soll, auf welches College sie gehen, da es einfach zu viele Optionen gibt.
Was sich auch geändert hat ist, dass heute die Eltern viel näher dran sind. Im Nachhinein muss ich sagen, Respekt vor meinen Eltern, die mich zum College hingebracht haben und wussten, dass sie ab und zu einen Anruf bekommen, das war’s dann aber auch. Heute kriegt man viel mit: UWC RBC macht tolle Öffentlichkeitsarbeit, einige Schüler drehen YouTube Videos… Umso wichtiger ist es, dass man nicht ins andere Extreme ausschlägt und die Kinder auch in Ruhe lässt. Sie sollen ja selbstständig werden und ihre Zeit am College genießen.
Was war die schönste und die traurigste Erinnerung?
Lilli: Traurig fand ich die Zeit, als unsere Second Years uns verlassen haben. Unsere Schülerschaft wurde halbiert und so sind wir dann nur noch hundert Leute auf dem Campus gewesen. Was die schönsten Momente angeht… Ich kann das eine Highlight nicht nennen, denn es sind eher kleine Momente: Wie wir im Hof der Mensa sitzen und uns unterhalten, oder die Culture-Shows, die wir nur in unserer Schülerschaft haben. Dabei geht es nur ums Talent und den Wunsch, etwas mitzuteilen. Es kommt nicht drauf an, wie gut du bist, sondern was in dir steckt. Ich glaube das ist das generelle Highlight hier: Menschen kennenlernen und du selbst sein.
Ilka: Mir fällt jetzt nichts Trauriges ein, aber es gibt Sachen, die man einfach nicht vergisst: Wir sind damals von Duino mit der ganzen Schule einmal nach Rom und einmal nach Wien gefahren, mit Empfang im Präsidentenpalast in Rom. Wir hatten auch die Culture-Shows, bei uns hießen sie National Evenings. Als ich das erste Mal am UWC RBC beim Open Day war, fand ich es phänomenal: Einerseits habe ich die Schüler hier auf der Bühne gesehen und gleichzeitig kamen die Erinnerungen zurück. Erinnerungen an meine lateinamerikanischen Mitschüler, an meine afrikanischen Mitschüler, an die Tänze, die bei uns getanzt wurden… Diese Interkulturalität, der Spirit und Spaß, das hat sich nicht geändert. Ich sehe einen Kern von UWC, der trotz allem unverändert bleibt: Das sind die Freundschaften und die Verbindungen. Egal wie banal es klingen mag, aber wenn man Nachrichten aus aller Welt hört, assoziiert man sofort ein Gesicht dazu. Das ist sehr prägend.